«Tschernobyl» und der Gemüsebaukanton Aargau

von Patrick Zehnder

 

Nach 1945 bauten die Gemüsebaubetriebe im Aargau ihre Flächen aus. Ob Freilandgemüse oder Frischgemüse, beides fand reissenden Absatz in der wachsenden Bevölkerung. Auch die Konservenfabriken in Seon und Lenzburg verlangten nach Bohnen, Erbsen, Rüebli und Früchten. So entwickelte sich der Aargau hinter dem Berner Seeland zum grössten Gemüsebaugebiet des Landes. 

Die Bedeutung des Aargaus als Gemüsebaukanton zeigte sich auch an einem Musterprozess. Diesen strengte der Verband Schweizerischer Gemüseproduzenten (VSGP) 1986 gegen den Bund an. Der VSGP war der Ansicht, seine Mitglieder seien auf ihrem Gemüse sitzen geblieben, nach einer entsprechenden Warnung der Nationalen Alarmzentrale. Diese mahnte die Bevölkerung nach der Reaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl im Frühjahr zur Vorsicht. In erster Linie warnte man vor Salaten und anderen Blattgemüsen aus der Freilandproduktion.

Letztlich hatte das Bundesgericht zum ersten Mal auf der Grundlage des Kernenergiehaftungsgesetzes von 1983 zu entscheiden. Das letztinstanzliche Urteil von 1990 lautete zugunsten der 270 Aargauer Gemüseproduzenten und sprach ihnen eine Summe von 6,5 Millionen Franken zu.